Das LG Köln hat vor einigen Tagen einen Arzt vom Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung freigesprochen und dabei jedoch festgestellt, dass religiöse Beschneidungen eine Körperverletzung darstellen. Mit seiner Entscheidung zum Beschneidungsverbot hat das Landgericht Köln nun eine Kontroverse ausgelöst. Jüdische, christliche und islamische Organisationen kritisierten die Entscheidung als unzulässigen Eingriff in die Religionsfreiheit. Auch der weitestgehend unbekannte Staatsrechtler Hans Michael Heinig bezeichnete das Urteil als "rechtlich, kriminalpolitisch und religionspolitisch verfehlt". Ist dem wirklich so ?
Zunächst einmal hat jeder das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 II Grundgesetz), ein Anspruch der nicht nur unmittelbar gegen den Staat gerichtet ist, sondern mittelbar auch gegen alle anderen. Daher gibt es auch im Strafgesetzbuch den Tatbestand der Körperverletzung. Natürlich gibt es auch das Erziehungsrecht der Eltern, ebenfalls im Grundgesetz abgesichert. Hierfür ist jedoch erforderlich, dass alle Entscheidungen der Eltern dem Kindeswohl entsprechen. Sofern dessen Körper "dauerhaft und irreparabel verändert" werde, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Eingriff dem Kindeswohl entspricht.
Fraglich erscheint zu dem, ob das Urteil einen Eingriff in die Religionsfreiheit darstellt. Wenn die Beschneidung tatsächlich im Islam bzw. Judentum vorgeschrieben ist, so kann der Betroffene selbst nach seinem 18. Lebensjahr entscheiden, ob er sich einer Beschneidung unterziehen möchte und diese ggf. durchführen lassen. Selbst wenn er in dem Glauben (ideologische Verblendung) aufwächst, er müsse sich beschneiden lassen, würde durch die Einwilligung der Straftatbestand der Körperverletzung für die Ärzte ausgeschlossen sein. Auch findet die Religionsfreiheit dort ihre Grenzen, wo andere Werte von Verfassungsrang verletzt werden, so wie hier die körperliche Unversehrtheit, Menschenwürde und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Recht am eigenen Körper).
Auch kriminalpolitisch ist dieses Urteil zu begrüssen. Einerseits sollte jedem Arzt klar sein, dass bei einer Beschneidung aus religiösen Gründen gerade keine medizinische Indikation vorliegt. So wie auch bei Schönheitsoperationen wie zB einer Brustvergrösserung. Solche Eingriffe werden jedoch auch nur an Volljährigen durchgeführt, die (so unterstellt es der Gesetzgeber) die Tragweite eines solchen Eingriffs selbst erkennen können. Die Menschenwürde derart zu verletzen, stellt ein enormes Handlungsunrecht dar, welches nicht ohne Strafe bleiben darf.
Erstaunlich ist jedoch, dass viele Politiker das Urteil kritisieren, sich aber gleichwohl gegen Genitalverstümmelung von Mädchen in Afrika einsetzen. Beides steht in gleicher Weise in Widerspruch zum Naturrecht und der Menschenwürde. Es ist aber leichter, mit dem Finger auf andere zu zeigen und sich selbst als weltoffenes, tolerantes Recht zu zeigen.
Jüdische und islamische Verbände waren sich einmal einig und hatten nach dem Urteil den Bundestag aufgefordert, für Rechtssicherheit bei Beschneidungen Minderjähriger zu sorgen. Es bleibt zu hoffen, dass die zwangsweise Verstümmelung unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit nicht legalisiert wird.
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