Aktuell gibt es eine Debatte zwischen Thomas Fischer (Vorsitzender Richter am BGH) und Tatjana Hörnle (Strafrechtsprofessorin) in welchem Umfang der Staat ein Verhalten kriminalisieren darf.
Hintergrund ist dass nach dem Istanbul-Protokoll die BRD verpflichtet wäre, die Strafbarkeit wegen Vergewaltigung auch auf einfache Fälle des "Grabschens" auszudehnen. Demnach reicht es für eine Strafbarkeit, wenn die sexuelle Handlung ohne Einverständnis erfolgt ist. Allerdings liegt für Vergewaltigung die Mindeststrafe bei einem Jahr Freiheitsentzug. Es ist daher kaum zu vertreten, dass ein harmloses Grabschen - auch wenn es für das Opfer unangenehm ist - zu solch einer drakonischen Strafe führen soll.
Gegenstand von strafrechtlichen Verbote darf nicht jedes grob anstößige, sittlich Verhalten sein.
Vielmehr darf das Strafrecht nur solche subjektiven Rechte des
Einzelnen schützen, die seine äußere Freiheitssphäre konturieren. Und gerade beim einem Angrabschen in der Straßenbahn ist die Freiheitsspähre nicht betroffen.Und gerade unter diesem Gesichtspunkt, dass Strafrecht das "ultima-ratio" ist, reicht es hier für eine Wiedergutmachung durch Schmerzensgeldansprüche des Opfers nach § 823 BGB. Schon durch solch ein Urteil ist der Täter ausreichend stigmatisiert. Einen darüber hinausgehenden Unwertausspruch im Rahmen einer strafrechtlichen Verurteilung bedarf es für solche Bagatellen nicht.
Ein weiteres Beispiel ist die Debatte über den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen und Kinderpornographie (s. dazu BT-Drs. 18/2601) im Rahmen der Edathy-Affäre.Auch hier kommt durch das bloße Herstellen, nicht-sexualbezogener Nacktbilder von Kindern niemand zu Schaden. Gleichwohl kann man so etwas als anstößig ansehen, da es mit dem allgemeinen Empfinden der Mehrheit der Bevölkerung nicht in Einklang steht. Aber dies ist noch kein Grund, die Herstellung und den Besitz solcher Bilder mit den Mitteln des Strafrechts zu kriminalisieren, da auch hier die Freiheitssphäre der "Opfer" durch die "Täter" nicht eingeschänkt worden ist.
Demnach sollte das Strafrecht darauf beschränkt werden, wozu es gedacht ist: Bestrafung von schweren Verletzungen der Rechtsordnung.

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